Zur Weltmeisterschaft der OK-Jollen 2007 in Leba/Polen wurde von Joe Porebski als Vorgeschmack auf die WM 2010 in Wellington/Neuseeland ein Promotion-Video gezeigt. Die Professionalität dieses Videos und das danach verteilte Informationsmaterial waren sehr beeindruckend und die Idee, dort selbst hin zu fahren, reifte zaghaft in mir heran. Aber das war ja noch lange hin, und wer weiß, ob ich die Qualifikation (unter den ersten Zwanzig in der Deutschen Rangliste) überhaupt schaffe. Wie sich zeigte, sollte es seglerisch kein Problem werden, konnte ich mich doch in den Ranglisten der nächsten Jahre um den 13. Platz halten. Nun stand noch die Frage, wie bekommt man denn sein Boot da hin? Bei Übersee-Regatten werden die Boote immer im Container per Seeweg verschickt, die Organisation dazu bewältigen die Segler immer gemeinsam, also war ich als „Neuling“ in guten Händen. Für die Anreise und Unterkunft ist dann jeder selbst zuständig, was man dann eben wie einen normalen Urlaub angeht. Nun ist Neuseeland ja nicht gerade um die Ecke und somit eine langfristigere Planung angesagt. Ein gutes halbes Jahr im voraus haben wir daher unsere Flüge und das Camper-Mobil dann gebucht und uns auf den Februar 2010 gefreut. Im tiefsten Deutschen Winter ins warme Neuseeland fahren! Das Boot ist schon seit November unterwegs und auch sonst hat im Vorfeld alles so gut geklappt, da kann ja nichts mehr schief gehen, dachte ich jedenfalls…
Drei Tage vor der Abreise passierte es: Auf dem Eis habe ich mir den linken Knöchel so heftig angeschlagen, dass der Fuß richtig dick anschwoll. Zum Glück war aber nichts gebrochen, wie das Röntgen im Krankenhaus ergab. „Fliegen können Sie von mir aus, aber laufen werden Sie wohl eine ganze Weile nicht können!“ Die Worte des Arztes machten nicht gerade Mut. Wegen so einem „bisschen Umknicken“ die ganze Planung vergebens? Eine Reiserücktrittsversicherung hatten wir zwar, aber die Enttäuschung wäre sehr groß… Immerhin war es ja noch eine Woche bis zum ersten Start! Also haben Euli und ich reichlich Salben und Verbandszeug mit in die Reisetaschen gepackt und uns auf den Weg zum Flughafen gemacht.
Die Anreise über San Francisco nach Neuseeland war mit Schiene am Bein und auf Krücken dann schon etwas beschwerlich, aber es ging irgendwie. Als wir in Wellington ankamen, hatte sich die lange Anreise aber schon gelohnt (mit Zwischenaufenthalt hat diese drei(!) Tage gedauert, so lange wie hier eine ganze Regatta). Es war schön warm und sonnig, Sommer eben. Greg hatte mein Boot schon durch die Vermessung gebracht und für mich auch die Anmeldung vorbereitet, so waren die Formalitäten schnell erledigt. Nur mit dem Stellplatz für unseren Camper gab es anfänglich Schwierigkeiten, in Neuseeland wohnen Segler normalerweise wohl nur im Hotel! Die Hotels liegen aber alle recht weit vom Bootsplatz entfernt, sodass sich unser Camper später schnell zum „Cafe’-Seaside“ für das Kaffeekränzchen der Deutschen Teilnehmer bewährte.
Am Abend fand die Eröffnungsveranstaltung mit Besuch eines Maori-Zeremoniells statt, ebenso ehrwürdig wie lang. Spät abends fielen wir hundemüde ins Bett. Meinem Fuß ging es noch immer nicht wirklich besser – es war schon klar, dass ich den ersten Segeltag an Land verbringen würde. Den habe ich dann also mit Zusehen beim Ablegen *seufz* und Bootaufbauen begonnen. Der Kurs lag auf der anderen Seite der Wellington-Bucht und der Weg dorthin bei mäßigem Wind war recht zeitaufwendig. Im über 70 Teilnehmer starken Feld, darunter fünf ehemalige und der aktuelle Weltmeister, hatten die Neuseeländer trotz recht schwieriger Bedingungen eindeutig die Nase vorn, die Deutschen kamen leider noch nicht so richtig in Schwung. Schon in der ersten Wettfahrt frischte es ganz schön auf, und einige kamen mit Materialschäden vorzeitig an Land.
Am zweiten Tag war gleich morgens ordentlich Wind – also konnte ich wieder nicht mitfahren. Segeln wäre mit Zähne zusammenbeißen vielleicht noch gegangen, aber das Boot aufrichten nach einer Kenterung sicher nicht. Beim Zusehen tat dann nicht nur der Fuß weh!
Die Hoffnung, dass ich nach dem planmäßig segelfreien Dienstag endlich auch mit raus fahren könnte, erfüllte sich dann. Bei 3 bis 4 Bft. war ich mit dabei! Es lief sogar recht gut, auch wenn mich jede Wende und Halse um die 10 Meter kosteten. Als der Wind wieder auf 5 bis 6 Bft. Auffrischte, war ich jedoch froh, das erste Rennen hinter mich gebracht zu haben und fuhr in den Hafen. Es muss schon komisch ausgesehen haben, als ich aus dem Boot stieg und mit Krücken an Land ging! Und irgendwie war die Belastung dann aber wohl doch zu früh und zu stark gewesen, denn trotz bester Betreuung durch „Krankenschwester“ Euli konnte ich abends nicht mal mehr auftreten. Was ich am nächsten Tag machen würde, war damit schon klar: Warten und den Anderen zusehen!
In den Wettfahrten ging es recht spannend zu, unter anderem gab es einen Protest von Paul Rhodes gegen Karl Purdie wegen einer Situation an der Halsentonne. Die Verhandlung ergab eine Disqualifikation für Karl, der damit statt eines weiteren Ersten Platzes einen dicken Streicher einfuhr. Die WM war damit quasi wieder offen, wie die Stimmung im Kiwi-Team danach war kann ich nicht sagen, sicher nicht bestens.
Aber am letzten Tag waren ja auch noch zwei Läufe. Die konnte auch ich dann beide durchsegeln. Der anfängliche Mittelwind legte im Laufe des Tages zwar auch wieder ordentlich zu, aber ich war als Leichtgewicht diesmal ganz gut dabei und konnte mit zwei Plätzen in Mittelfeld noch mal richtig WM-Luft schnuppern. Letztlich war ich froh, überhaupt dabei gewesen zu sein und konnte immerhin in der Endwertung noch einige hinter mir lassen.
Verdienter Weltmeister wurde Karl Purdie, der sich damit zum zweiten Mal den Titel sichern konnte und von den Kiwis dann auch ausgiebig gefeiert wurde. Am Tag nach der WM-Feier hat man das dem Ein oder Anderen auch ansehen können, beim Containerpacken waren jedenfalls nicht alle so ganz fit. Das Ganze ging aber trotzdem recht gut über die Bühne. Wenn alles klar geht, kommen die Boote im April wieder in Hamburg an.
Nach der WM sahen wir uns noch ein paar Tage Neuseeland an. Das Land hat uns wirklich sehr beeindruckt und bleibende Erinnerungen hinterlassen! Die Heimreise über Hongkong war dann noch mal recht aufregend, einerseits wegen des Kulturschocks „Entschleunigtes Leben in NZL“ zu „hektischem Rumwuseln in China“, andererseits hat uns der Streik der Lufthansa beinahe in Hongkong festsitzen lassen, die Air-Newzealand hatte dann aber zum Glück grad noch Platz für uns.
Das Fazit der WM lautet somit: Es war recht aufwändig und anstrengend, dazu etwas teurer – aber das war es wert! Zur nächsten WM in „Down Under“ in vier Jahren wollen wir auf jeden Fall wieder dabei sein, ich dann ja hoffentlich auch voll einsatzfähig!
Erik mit ch